Mutterschaft #
Mutter eines Kindes ist die Frau, die das Kind geboren hat.
Lies: § 1591 BGB.
Dass der Gesetzgeber diese Regelung überhaupt trifft, mag verwundern, erscheint dies doch offensichtlich. Ihre Berechtigung hat sie aber in Fällen der Leihmutterschaft. Der Gesetzgeber regelt, dass nicht etwa die genetische Mutter, sondern die Leihmutter im Rechtssinne als Mutter gilt. Da Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, ist diese Vorschrift von geringer praktischer Relevanz.
Vaterschaft #
Von größerer Relevanz ist die Frage der Vaterschaft.
Wie wird man Vater?
Im Rechtssinne ist Vater eines Kindes ist nach § 1592 BGB der Mann,
- der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist,
- der die Vaterschaft anerkannt hat oder
- dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
Ein Mann kann nur auf Grundlage einer dieser drei Möglichkeiten Vater werden.
Abgrenzung zum Sorgerecht
Wer Vater geworden ist, hat noch nicht automatisch das Sorgerecht für das Kind. Ein “automatisches” Sorgerecht gibt es nur, wenn das Kind in eine Ehe hinein geboren wird. Wenn man also bei der Geburt verheiratet ist. Dann wird der Ehemann nicht nur automatisch Vater, er bekommt auch automatisch das Sorgerecht.
Anders ist das aber, wenn der Mann durch Anerkennung oder durch gerichtliche Feststellung Vater geworden ist. Das Sorgerecht kommt in diesen Fällen nicht automatisch zustande. Vielmehr gibt es ein gemeinsames Sorgerecht nur dann, wenn eine Sorgeerklärung abgeben wird oder wenn ein Gericht die gemeinsame Sorge anordnet. Einzelheiten klären wir in einer gesonderten Lektion.
Vaterschaftsanerkennung #
Vaterschaft durch Willenserklärung
Der Mann muss wollen…
Für die Anerkennung der Vaterschaft muss der Mann zunächst eine Willenserklärung abgeben.
…die Mutter muss zustimmen
Darüber hinaus muss die Mutter der Vaterschaftsanerkennung zustimmen (§ 1595 Abs.1 BGB).
Die Vaterschaftsanerkennung ist damit freiwillig: Sie kann nur zustande kommen, wenn beide Parteien – Mutter und (biologischer) Vater – sie wollen. Durch die Vaterschaftsanerkennung kann ein Mann Vater eines Kindes werden – und zwar unabhängig von der Frage, ob er der biologische Vater des Kindes ist oder nicht. Es kann also auch ein Mann Vater eines Kindes werden, der sicher und für alle bekannt nicht der biologische Vater ist.
Die Regeln für die Vaterschaftsanerkennung sind in den §§ 1594 -1597 BGB geregelt.
Lies:
Hervorzuheben ist insbesondere: Die Vaterschaftsanerkennung ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht (§ 1594 Abs.2 BGB).
Ein Kind soll nicht zwei Väter haben. Will also ein Mann die Vaterschaft für ein Kind anerkennen, das bereits einen Vater hat, muss er zunächst gegen die rechtliche Vaterschaft des anderen Mannes vorgehen. Dies ist möglich durch die Anfechtung dieser „falschen“ Vaterschaft. Wie und durch wen eine solche Anfechtung möglich ist, wird später geklärt.
Beispiel:
Eine Frau F lebt von ihrem Ehemann getrennt, ist aber noch mit diesem verheiratet. Sie lebt bereits mit einem neuen Partner zusammen und bekommt von diesem ein Kind. Rechtlicher Vater wird der (Noch-) Ehemann M1. Soll der neue Partner M2 Vater des Kindes werden, muss zunächst die bestehende Vaterschaft von M1 durch Vaterschaftsanfechtung beseitigt werden.
Sonderfall: Vaterschaftsanerkennung bei Minderjährigen Eltern
Einen Sonderfall bildet die Vaterschaftsanerkennung durch Minderjährige. Ganz grundsätzlich wird in fast allen Bereichen des Rechts davon ausgegangen, dass Minderjährige noch nicht in vollem Umfang die rechtlichen Folgen ihrer Handlungen abschätzen können. Deshalb können Minderjährige gem. § 104 BGB nicht oder nur sehr beschränkt selbst rechtsverbindlich handeln. Gem. §§ 1626, 1629 BGB nehmen vielmehr ihre Eltern rechtliche Handlungen für sie vor.
Für den Fall, dass Minderjährige Eltern werden und ein Vaterschaftsanerkennungsverfahren durchgeführt werden soll, hat der Gesetzgeber wiederum besondere Regelungen geschaffen, die teilweise von dem soeben erklärten Prinzip abweichen.
Lies: § 1595 Abs. 1 BGB und § 1596 Abs. 1 S. 2 BGB
Vereinfacht gesprochen gilt in diesem Fall: Soll ein Minderjähriger durch Vaterschaftsanerkennung, also durch die Abgabe einer rechtsverbindlichen Willenserklärung, Vater werden, geht dies nur, wenn alle zustimmen: Der minderjährige Vater und seine Eltern, die Mutter und wenn diese minderjährig ist, auch ihre Eltern.
Während also grundsätzlich die Eltern für ein Kind oder einen Jugendlichen die erforderlichen Erklärungen ohne weiteres Zutun und anstelle des Kindes abgeben, muss der jugendliche Vater im Vaterschaftsanerkennungsverfahren selbst die Anerkennungserklärung abgeben. Diese wird aber nur wirksam, wenn auch seine Eltern bzw. ein anderer Personensorgeberechtigter zustimmt.
Genauso ist es mit der Erklärung der Mutter. Ist die Mutter jugendlich, muss sie der Anerkennung durch den Vater selbst zustimmen. Auch ihre Erklärung wird nur wirksam, wenn auch ihre Eltern bzw. ein anderer Personensorgeberechtigter zustimmt.
Ähnlich ist es bei Personen, die aus anderen Gründen in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind bzw. rechtlich betreut werden (§ 1896 ff. BGB), zum Beispiel, weil sie an einer psychischen Erkrankung leiden.
Kinder
Von dieser Ausnahme gibt es wiederum eine “Rückausnahme”, wenn es um Kinder geht, die Eltern werden. Wenn es also um junge Menschen geht, die noch nicht 14 Jahre alt sind. Dann müssen die Personensorgeberechtigten an Stelle der Kinder entscheiden.
Lies: § 1596 Abs. 2 S. 2 BGB
Beispiel:
Wenn im folgenden Bild Vater und Mutter jugendlich sind (14 – 17 Jahre) und der Jugendliche Vater werden will, muss er die Vaterschaft anerkennen, die Jugendliche muss zustimmen. Die Vaterschaftsanerkennung wird nur wirksam, wenn auch jeweils ihre Eltern, also die zukünftigen Großeltern des Kindes zustimmen.
Sonderfall: Anerkennung der Vaterschaft kann Aufenthaltsrecht vermitteln
Wir hatten gelernt: Eine Vaterschaft kann unter anderem durch eine Vaterschaftsanerkennung erfolgen. Wir hatten weiter gelernt: Es ist egal, ob der Mann, der die Vaterschaft anerkennt, auch der biologische Vater des Kindes ist. Die bloße Willenserklärung eines Mannes kann also eine Vaterschaft begründen, sofern auch die Mutter zustimmt.
Diese Grundsätze des Abstammungsrechts können eine positive Rückwirkung auf das Aufenthaltsrecht von Ausländern haben. Denn nach den Regeln des deutschen Aufenthaltsrechts ist es so, dass ein ausländischer Elternteil eines deutschen Kindes einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat, wenn der Elternteil die Personensorge ausübt.
Missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft
Das deutsche Ausländerrecht versucht deshalb Vaterschaftsanerkennungen, die nur erfolgen, um ein Aufenthaltsrecht zu bekommen, aufzusprüren und zu verhindern. Die Instrumente dafür sind sowohl im Abstammungsrecht als auch im Aufenthaltsrecht geregelt.
Nach § 85a AufenthG prüft die Ausländerbehörde ob eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft vorliegt.
Für diese Prüfung ist die Ausländerbehörde auf Informationen zur Vaterschaftsanerkennung durch Ausländer angewiesen. Deshalb werden die für die Beurkundung zuständigen Stellen verpflichtet, der Ausländerbehörde über “Verdachtsfälle” Mitteilung zu machen. Dafür müssen “konkrete Anhaltspunkte” für eine “missbräuchliche Anerkennung” der Vaterschaft bestehen. Solange die Ausländerbehörde prüft, ist das Vaterschaftsanerkennungsverfahren auszusetzen.
Konkrete Anhaltspunkte für einen Missbrauch sind insbesondere:
- Der Anerkennende oder die Mutter des Kindes sind vollziehbar ausreisepflichtig (z.B.: Ausländer hat bloß ein Duldung)
- Anerkennender, Mutter oder Kind haben einen Asylantrag gestellt und sind Angehörige eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a AsylG (Lies: § 29a AsylG sowie die Liste sicherer Herkunftsstaaten)
- Zwischen dem Anerkennenden und der Mutter oder dem Kind gibt es keine persönliche Beziehung.
- Es gibt den Verdacht, dass der Anerkennende schon in der Vergangenheit mehrfach die Vaterschaft von Kindern verschiedener ausländischer Mütter anerkannt hat.
- Es gibt den Verdacht, dass der Anerkennende oder die Mutter Geld erhält.
Lies: § 1597a BGB
Sonderfall: Vaterschaftsanerkennung nach Stellung des Scheidungsantrages
Regel: Keine Vaterschaftsanerkennung, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht
Wir hatten gelernt: Wird ein Kind in eine bestehende Ehe geboren, wird automatisch der Ehemann der Vater. Stammt das Kind biologisch von einem anderen Mann ab, kann dieser andere Mann zunächst nicht Vater werden, weil die bestehende Vaterschaft des Ehemannes verhindert, dass der biologische Vater auch der rechtliche Vater wird (“Ein Kind soll nicht zwei Väter haben”).
Lies: § 1594 Abs. 2 BGB (“… solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.”) sowie § 1600 d Abs. 1 BGB (gerichtliche Feststellung der Vaterschaft)
Beispiel:
Auf das folgende Beispiel angewandt gilt: Wird das Kind in die noch bestehende Ehe zwischen M1 und F hineingeboren, wird M1 der Vater des Kindes. M2 kann die Vaterschaft nicht anerkennen. Auch kann seine Vaterschaft nicht gerichtlich festgestellt werden. Die Vaterschaft des M1 müsste zuerst durch Vaterschaftsanfechtung beseitigt werden.
Ausnahme
Eine Ausnahme gilt, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Eine verheiratete Frau bekommt ein Kind von einem anderen Mann (im Beispiel oben: F bekommt ein Kind. M2 ist der Erzeuger)
- Das Kind wird aber nach Stellung des Scheidungsantrages geboren.
Dann kann der biologische Vater die Vaterschaft unmittelbar anerkennen, ohne dass zuvor die Vaterschaft des Ehemannes angefochten worden ist.
In diesem Fall wird die Anerkennung auch ohne Vaterschaftsanfechtung wirksam, wenn die Mutter und der rechtliche (Noch-) Vater zustimmen (§ 1599 Abs. 2 BGB).
Übrigens kann dann auch ein beliebiger Dritter die Vaterschaft anerkennen. Denn anerkennen kann jeder Mann, nicht nur der biologische Vater.
Beispiel:
Folgendes Beispiel macht den zeitlichen Ablauf deutlich, bei dem eine Anerkennung trotz der zunächst bestehenden Vaterschaft des Ehemannes erfolgen kann.
F und M1 trennen sich. Sodann stellen beide bei Gericht einen Scheidungsantrag. Sodann bekommt F das Kind. In diesem Fall kann M2 die Vaterschaft für das Kind anerkennen. Er wird Vater, sobald F und M1 dieser Anerkennung durch M2 zugestimmt haben.
Gerichtliche Feststellung der Vaterschaft #
Die Vaterschaft kann auch durch ein Gericht festgestellt werden. Das nennt man „gerichtliche Feststellung der Vaterschaft“ oder auch „Vaterschaftsfeststellung“. Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft erfolgt durch staatlichen Rechtsakt und kann auch gegen den Willen des Vaters oder der Mutter durchgesetzt werden. Die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft setzt – wie die Anerkennung – voraus, dass keine Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat.
Lies: § 1600d BGB
Die Worte “beigewohnt hat” stammen aus der Anfangszeit des BGB, also aus dem 19. Jahrhundert. Gemeint ist, das zwei Menschen Sex miteinander hatten. Diese sog. „Beiwohnungsvermutung“ spielt heute kaum noch eine Rolle, weil in Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft in der Regel erbbiologische Gutachten eingeholt werden. Auf deren Grundlage wird die Vaterschaft festgestellt. Bei der Vaterschaftsfeststellung wird daher der biologische Vater zum rechtlichen Vater.
Die Vaterschaftsfeststellung kann durch die Mutter, den (biologischen) Vater oder das Kind betrieben werden. In der Regel erfolgt die Vaterschaftsfeststellung auf Betreiben der Mutter.
Anfechtung der Vaterschaft #
Rechtlicher Vater eines Kindes kann auch sein, wer das Kind nicht gezeugt hat. Wird ein Mann, der das Kind nicht gezeugt hat, rechtlich Vater, hat er die Möglichkeit, die Vaterschaft anzufechten. Auch die Mutter und das Kind, sowie in seltenen Ausnahmefällen auch der biologische Vater können die Vaterschaft anfechten. Die Vaterschaftsanfechtung kann nur innerhalb eines bestimmten Zeitraumes erfolgen.
Podcast
Wer kann die Vaterschaft anfechten?
Die Regel: Anfechtung durch den “rechtlichen” Vater, die Mutter, das Kind
Die Vaterschaftsanfechtung kann in der Regel nur durch folgende Personen erfolgen:
- den Vater im Rechtssinne (§§ 1592 Nr. 1 u. 2 BGB). Das ist der Mann, dessen Vaterschaft entweder durch Ehe oder durch Anerkennung besteht,
- die Mutter oder
- das Kind
Lies: § 1600 BGB, § 1592 BGB
Die Ausnahme: Anfechtung durch den biologischen Vater
Ausnahmsweise kann auch der biologische Vater die Vaterschaft anfechten. Dies kann er aber nur dann, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater keine „sozial-familiäre Beziehung“ besteht. Existiert dagegen eine sozial-familiäre Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater, nimmt dieser also seine Elternverantwortung wahr, kann nicht angefochten werden. Auf die Beziehung zwischen biologischem Vater und Kind kommt es dann nicht an.
Lies: § 1600 Abs. 2 BGB
Vaterschaftsklärung durch genetische Untersuchung
Bestehen Zweifel an der biologischen Vaterschaft eines Mannes, kann ein sogenanntes Vaterschaftsklärungsverfahren durchgeführt werden. In einem solchen Verfahren wird mithilfe einer genetischen Untersuchung die biologische Vaterschaft geklärt. Rechtlich ist das Vaterschaftsklärungsverfahren aber ohne Folgen, der rechtliche Vater bleibt der rechtliche Vater, selbst wenn sich herausstellt, dass biologisch ein anderer der Vater ist.
Lies: 1598a BGB
Anfechtungsfrist
Die Vaterschaft kann in der Regel nur innerhalb von zwei Jahren angefochten werden (§ 1600b Abs.1 BGB). Die Frist beginnt mit der Kenntnis der Umstände, die gegen die Vaterschaft sprechen. Für das Anfechtungsrecht des Kindes gelten gesonderte Fristen, wenn der gesetzliche Vertreter nicht angefochten hat: Für das Kind beginnt dann die Frist nicht vor dem 18. Lebensjahr und nicht vor Kenntnis (§ 1600b Abs. 3 BGB)).
Rechtsfolge: Ende der Vaterschaft nach Anfechtung
Die Anfechtung bewirkt die Beendigung der nach § 1592 Nr. 1, 2 BGB bestehenden Vaterschaft. Eine Anfechtung der durch gerichtliche Feststellung bestehenden Vaterschaft ist hingegen nicht möglich. (§ 1599 Abs. 1 BGB). Wer sich gegen diese gerichtliche Feststellung der Vaterschaft richten will, muss vielmehr Beschwerde beim Familiengericht einlegen (§ 58 Abs. 1 FamFG). Die Frist beträgt einen Monat ab schriftlicher Bekanntgabe des Beschlusses über die Feststellung der Vaterschaft.
Verfahren bei der Vaterschaftsanfechtung
Die Vaterschaftsanfechtung erfolgt durch Stellung eines Antrages beim Familiengericht (§ 171 FamFG). Am Verfahren sind das Kind, die Mutter und der rechtliche Vater zu beteiligen (§ 172 FamFG). Der biologische Vater ist gemäß § 7 Abs. 1 FamFG dann zu beteiligen, wenn er den Antrag stellt. Das Familiengericht entscheidet durch feststellendes Urteil über das Nichtbestehen der Vaterschaft. Die Wirkungen der Vaterschaft (Unterhaltspflicht, Umgangsrecht, ggf. Sorgerecht) enden im Falle einer erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung erst mit Rechtskraft des Feststellungsurteils (§ 1599 Abs. 1 BGB).